Gesundheit

Prämienverbilligung: Was gilt als «mittleres Einkommen»?

Die Kantone können grundsätzlich selbstständig definieren, was als «mittleres Einkommen» gilt, welches Kinder und junge Erwachsene zur Prämienverbilligung berechtigt. Wie das Bundesgericht mit Urteil vom 22. Januar 2019 entschieden hat, darf die Schwelle aber nicht so tief sein, dass nur Personen mit tiefem Einkommen davon profitieren.

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) verpflichtet die Kantone, den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen die Prämien zu verbilligen. Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung müssen die Kantone die Prämienverbilligung bei unteren und mittleren Einkommen gewähren. Setzt der Kanton die Schwelle so tief an, dass nur Personen mit unteren, nicht aber jene mit mittleren, Einkommen von der Prämienverbilligung profitieren, verletzt er Bundesrecht.

Kanton setzt Einkommensschwelle für Prämienverbilligung stark runter

Der Kanton Luzern regelt 2017, dass neu nur Kinder und junge Erwachsene mit einem Haushaltseinkommen von unter 54 000 CHF Anspruch auf Prämienverbilligung haben. Vorher lag das massgebende Einkommen bei 75 000 CHF. Der Kanton legt zudem fest, dass altrechtlich, aber nicht neurechtlich berechtigte Personen die Prämienverbilligung für das Jahr 2017 zurückzahlen müssen. Mehrere Personen reichen beim Kantonsgericht einen Prüfungsantrag ein und fordern, die alte Regelung mit dem höheren Schwellenwert wieder in Kraft zu setzen. Das Kantonsgericht lehnt den Prüfungsantrag ab. Das Bundesgericht jedoch hebt die neue kantonale Verordnung im Rahmen des abstrakten Normenkontrollverfahrens auf.

Zu tiefe Einkommensschwelle verletzt Bundesrecht

Die Kantone können entscheiden, wie sie die Prämienverbilligung ausgestalten wollen. Sie dürfen namentlich die bundesrechtlichen Begriffe der «bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse» sowie der «unteren und mittleren Einkommen» eigenständig definieren. Dabei müssen sie aber den Sinn und Geist des Bundesrechts respektieren und dürfen dessen Zweck nicht beeinträchtigen. Die Kantone müssen sich deswegen an den klaren Gesetzeswortlaut halten, wonach bei Kindern und jungen Erwachsenen Prämienverbilligungen nicht nur bei unteren, sondern auch bei mittleren Einkommen zu gewähren sind. Als politischer Zielwert gilt, dass 30% der Bevölkerung von der Prämienverbilligung profitieren sollen. Die in Luzern gewählte Lösung führt jedoch dazu, dass lediglich 19.2% der Bevölkerung zur Prämienverbilligung berechtigt ist.

Das Bundesgericht hebt die Verordnung als bundesrechtswidrig auf und verpflichtet den Kanton Luzern, den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung in der Höhe von 7 500 CHF zu bezahlen.

Aktualisiert am 13. April 2023