Wohnen

Darf die Vermieterin kündigen, weil sie renovieren will?

Ja, die Vermieterin kann die Kündigung gültig mit Sanierungsarbeiten begründen, sofern sie dabei nicht gegen Treu & Glauben verstösst. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 4. Mai 2022 bestätigt.

Im Mietrecht gilt eine weitgehende Kündigungsfreiheit. Die Vermieterin muss die Kündigung auf Antrag des Mieters begründen. Sanierungsarbeiten sind in der Regel eine gültige Begründung. Von diesem Grundsatz gibt es drei Ausnahmen: Die Vermieterin hatte nie die Absicht, die Wohnung zu renovieren, die Renovierung ist objektiv unmöglich oder ein Auszug des Mieters ist aufgrund des Umfangs der Sanierungsarbeiten nicht nötig. Ist einer der drei Gründe gegeben, verstösst die Kündigung gegen Treu und Glauben und ist anfechtbar.

Vermieterin kündigt wegen Sanierungsarbeiten

Die neue Eigentümerin der Zweizimmerwohnung lässt ein Gutachten erstellen, welches die Bewohnbarkeit sämtlicher Wohnungen der Liegenschaft bestätigt. Gleichwohl kündigt die Vermieterin einem langjährigen Mieter. Dieser ficht die Kündigung an. Vor dem Mietgericht erläutert die Vermieterin, dass eine Totalrenovation der Wohnung notwendig und der Verbleib des Mieters in der Wohnung deswegen nicht möglich sei.

Das Mietgericht annulliert die Kündigung, die Vermieterin legt dagegen Rekurs beim Kantonsgericht ein. Dieses wiederum bestätigt die Gültigkeit der Kündigung. Dagegen führt der Mieter Beschwerde in Zivilsachen vor Bundesgericht, welches die Beschwerde abweist und die Gültigkeit der Kündigung ebenfalls bestätigt.

Vermieterin hat Kündigungsfreiheit

Sowohl die Vermieterin wie auch der Mieter dürfen eine Wohnung unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen und Termine kündigen. Ob die Vermieterin die Kündigung auf Anfrage begründet oder nicht, ist kein Gültigkeitserfordernis: Sie kann die Begründung auch vor dem erstinstanzlichen Gericht nachreichen.

Renovierung muss nicht im Detail geplant sein

Die Vermieterin kann frei entscheiden, wann sie ihre Liegenschaft renovieren will. Sie ist namentlich nicht verpflichtet, mit den Renovierungsarbeiten zu warten, bis diese nötig und dringend sind. Um eine Kündigung gültig mit geplanten Renovierungsarbeiten begründen zu können, muss die Vermieterin noch kein Baugesuch eingereicht haben. Dies gilt umso mehr dann, wenn die Vermieterin dem Mieter eine längere als die gesetzlich oder vertraglich vorgegebene Kündigungsfrist gewährt. Im vorliegenden Fall hat die Vermieterin dem Mieter mit einer achtmonatigen Frist gekündigt, bei einer vertraglich festgelegten Frist von vier Monaten.

Ist eine Renovierung objektiv unmöglich, wäre eine so begründete Kündigung allerdings ungültig. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Denkmalschutz eine entsprechende Renovierung verunmöglicht oder die Vermieterin Gewerberäume schaffen will, kantonale Gesetze die Umnutzung von Wohnraum aber verbieten.

Auszug nötig bei Totalsanierung

Selbst wenn sich der Mieter bereit erklären würde, die Unannehmlichkeiten zu dulden, darf die Vermieterin ihm bei einer Totalsanierung kündigen. Denn ein Verbleib des Mieters kann gemäss bereits früherer Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Komplikationen, zusätzlichen Kosten oder einer Verlängerung der Arbeiten führen. Renoviert die Vermieterin wie im vorliegenden Fall Küche, Bad, Rohrleitungen, den Boden und die Wandverkleidungen, ist ein Auszug des Mieters nötig.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und verpflichtet den Mieter zur Übernahme der Gerichtskosten in der Höhe von 2 000 CHF sowie einer Parteientschädigung von 2 500 CHF.