Familie

Unterhalt bevorschusst: Muss ich dennoch gegen den Sohn klagen?

Ja. Dies hat das Bundesgericht mit Entscheid vom 12. Januar 2022 in Abweichung seiner bisherigen Rechtsprechung beschlossen.

Das Bundesgericht hat entschieden, dass in einem Verfahren auf Abänderung des Kindesunterhalts nur das Kind und der Unterhaltsschuldner Parteien sind, selbst wenn das Gemeinwesen den Unterhaltsbeitrag bevorschusst hat.

Vater klagt gegen Sohn wegen Unterhaltszahlungen

Ein Vater klagt gegen seinen Sohn, um keine Unterhaltszahlungen mehr leisten zu müssen. Das Kantonsgericht setzte die Unterhaltsbeiträge hinab. Der Sohn erhebt dagegen Beschwerde ans Bundesgericht, da das Gemeinwesen die Unterhaltszahlungen bevorschusst habe und so an dem Verfahren hätte teilnehmen müssen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und ändert damit seine Praxis.

Unterhaltsanspruch entsteht mit Geburt

Der scheidungsrechtliche Unterhaltsanspruch geht nur für diejenigen Beiträge, welche das Gemeinwesen bereits ausbezahlt hat, auf das Gemeinwesen über. Wie das Bundesgericht ausführt, muss dasselbe für den Kindesunterhalt gelten, auch wenn der entsprechende Gesetzesartikel weniger präzis formuliert ist. Mit einer Unterhaltsklage kann das Gemeinwesen den Unterhaltsschuldner denn auch nur «auf Bezahlung eben dieser einzelnen Unterhaltsbeiträge einklagen.» Kümmern sich namentlich die gesetzlichen Vertreter nicht um die künftige Regelung des Unterhalts, kann das Gemeinwesen bei Bedarf einen Beistand ernennen.

Eine Abänderungsklage betrifft aber den Unterhaltsanspruch des Kindes, welcher sich unmittelbar aus dem Kindesverhältnis ergibt. Mit diesem ursprünglichen Anspruch hat das Gemeinwesen nichts zu tun und ist deswegen in einem Abänderungsprozess nicht Partei.

Praxisänderung im Unterhaltsverfahren

Die oben dargelegten Gründe rechtfertigen es gemäss Bundesgericht, die Rechtsprechung zu ändern. Im Abänderungsverfahren sind neu ausschliesslich das Kind und der Unterhaltsschuldner Prozessparteien.

Im vorliegenden Fall ist der Unterhaltsschuldner ein zweites Mal Vater geworden und betreut seinen ersten Sohn gemäss den Feststellungen der kantonalen Vorinstanzen häufiger als zum Zeitpunkt des Abschlusses des Unterhaltsvertrags. Das Bundesgericht stützt deswegen die Abänderung des Unterhaltsbeitrages.

«Angesichts der konkreten Umstände» erhebt das Bundesgericht keine Gerichtskosten. Die beiden Anträge auf unentgeltliche Rechtspflege heisst es gut und entschädigt die beiden die Parteien vertretenden Rechtsanwälte mit je 2 000 CHF.