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Darf mein Chef mir verbieten, mich politisch zu engagieren?

Eine Arbeitgeberin darf seinem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht vorschreiben, welche Meinungen er äussern darf und welche nicht. Diese Freiheit gilt aber nicht grenzenlos, vielmehr hat sich der Arbeitnehmer an die arbeitsrechtliche Treuepflicht zu halten, die je nach Art des Unternehmens unterschiedlich weit gehen kann. Wer schliesslich ein öffentliches Amt ausübt, hat Anrecht auf freie Tage.

Wer sich politisch engagiert, übt seine verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit aus. Die Arbeitgeberin darf nur dann eingreifen, wenn der Arbeitnehmer mit seinen Äusserungen die arbeitsrechtliche Treuepflicht verletzt. Besteht das politische Engagement in der Ausübung eines öffentlichen Amts und ist der Arbeitnehmer deswegen an seiner Arbeitsleistung verhindert, hat er Anspruch auf freie und bezahlte Tage.

Treuepflicht kann politisches Engagement begrenzen

Ein Arbeitnehmer darf seine politische Meinung auch dann äussern, wenn diese nicht jener des Chefs entspricht. Allerdings darf der Arbeitnehmer mit seinen Meinungsäusserungen die arbeitsvertragliche Treuepflicht nicht verletzen. Er muss seine Arbeit gemäss Vertrag erbringen und gewährleisten, dass er mit seinem Engagement die Zusammenarbeit im Betrieb nicht wesentlich stören.

In keinem Fall akzeptieren muss die Arbeitgeberin strafrechtlich relevante Äusserungen. So darf sie etwa verlangen, dass der Arbeitnehmer mit seinen Äusserungen keine Personen wegen deren Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung diskriminiert.

Tendenzbetriebe können strengere Vorgaben machen

Eine Arbeitgeberin darf ihre Angestellten grundsätzlich nicht gegen deren Willen verpflichten, eine bestimmte politische Meinung zu äussern. Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: Vertritt ein Arbeitnehmer das Unternehmen, etwa als Kadermitglied oder als Mediensprecherin, gegen aussen, kann die Arbeitgeberin den Inhalt der Kommunikation vorgeben. Handelt es sich um einen Betrieb mit einer eindeutigen politischen Ausrichtung, kann die Arbeitgeberin unabhängig von der jeweiligen Funktion verlangen, dass die Arbeitnehmer der Unternehmenspolitik zuwiderlaufende öffentliche Äusserungen unterlassen. (Siehe auch: «Darf mir mein Chef verbieten, Leserbriefe zu schreiben?»)

Arbeitgeberin muss für öffentliches Amt freie Zeit gewähren

Wer sich im Rahmen eines öffentlichen Amtes politisch engagiert, hat Anrecht auf freie Tage. Dabei ist die Ausübung eines öffentlichen Amtes einer Krankheit oder einem Unfall gleichgestellt. Der Chef muss dafür also freie und bezahlte Tage geben. Sind diese Tage jedoch aufgebraucht, muss der Arbeitnehmer das öffentliche Amt in der Freizeit ausüben. Ausser natürlich, die Arbeitgeberin unterstützt das Engagement und zeigt sich entsprechend grosszügig.

Aktualisiert am 15. Februar 2024