Arbeiten

Darf mir mein Chef verbieten, Leserbriefe zu schreiben?

Ein Arbeitnehmer darf Leserbriefe schreiben. Er darf dabei aber weder seine arbeitsrechtliche Treuepflicht verletzen noch gegen Gesetze verstossen.

Wer einen Leserbrief schreibt, übt seine verfassungsmässig geschützte Meinungsfreiheit aus. Je nachdem, in welcher Funktion der Mitarbeiter angestellt ist und wie das Unternehmen seiner Arbeitgeberin ausgerichtet ist, schränkt die arbeitsrechtliche Treuepflicht diese Freiheit jedoch ein. In keinem Fall zulässig ist ein Verstoss gegen Gesetze, so etwa gegen die Antirassismusstrafnorm.

Arbeitsrechtliche Treuepflicht schränkt Meinungsäusserungsfreiheit ein

Ein Leserbrief darf die Zusammenarbeit im Betrieb nicht wesentlich stören. Vertritt der Mitarbeiter in seiner Funktion sein Unternehmen gegen aussen, gelten verschärfte Regeln. Dieser Mitarbeiter darf sich möglicherweise zu bestimmten Themen gar nicht oder nur in einem definierten Rahmen öffentlich äussern. (Siehe auch: «Darf mich die Schule entlassen, weil ich demonstriert habe?» )

In einem Tendenzbetrieb mit einer bestimmten politischen oder religiösen Zielsetzung kann die Arbeitgeberin funktionsunabhängig von den Mitarbeitern verlangen, dass ihre öffentlichen Äusserungen der Unternehmenspolitik entsprechen. (Siehe auch: «Darf mein Chef mir verbieten, mich politisch zu engagieren?»)

In Leserbriefen ist nicht alles erlaubt

Neben diesen arbeitsrechtlichen Vorgaben gibt es noch weitere Grenzen. Leserbriefe dürfen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zwar spontan sein, müssen sich jedoch im Rahmen der Rechtsordnung bewegen. Die Redaktion muss die Leserbriefe vor der Veröffentlichung prüfen. Enthält ein Leserbrief eine zivilrechtliche Persönlichkeitsverletzung, haftet auch der Leserbriefschreiber. Wenn er beispielsweise schreibt, dass jemand in seinem Beruf unfähig ist, verletzt er dessen Persönlichkeit.

Wer sich in seinem Leserbrief rassistisch äussert oder sonstwie zu Hass aufruft, macht sich strafbar. Andere Personen sind nur dann strafbar, wenn die Strafverfolgungsbehörden keinen Autor ermitteln können oder keinen Zugriff auf ihn haben.

Aktualisiert am 16. Mai 2024