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Die Kirchenglocken rauben mir den Schlaf! Kann ich was dagegen tun?

Da Kirchengeläut in der Schweiz Tradition hat, ist es grundsätzlich zu akzeptieren. Da Glockenklänge aber umweltschutzrechtlich gesehen Lärm sind, gelten auch für sie gewisse Regeln. Ganz zum Verstummen lassen sich Kirchenglocken nur dann bringen, wenn die Mehrheit der Gemeinde dies möchte.

Kirchengeläut fällt unter den Schutz der verfassungsrechtlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit. Gleichzeitig gilt es aber aus der umweltschutzrechtlichen Perspektive als Lärm, der namentlich in der Nacht nicht akzeptiert werden muss. Über die Nachtruhe hinaus besteht kein Anspruch auf stille Kirchenglocken.

Kirchenglocken haben Tradition

Kirchliches Glockengeläut ist als Teil der Religionsausübung verfassungsrechtlich geschützt. Es ist deswegen grundsätzlich erlaubt. Es darf jedoch zum Schutz der öffentlichen Ruhe gewissen Einschränkungen unterworfen werden.

Umweltschutzrechtlich ist Kirchengeläut Lärm

Wie das Bundesgericht bestätigt, ist Kirchengeläut umweltschutzrechtlich gesehen Lärm. Dieser ist so weit zu begrenzen, «als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist». Dies ist, so das Bundesgericht, «allerdings nicht so zu verstehen, dass jeder im strengen Sinn nicht nötige Lärm völlig untersagt werden müsste». Es gibt «keinen absoluten Anspruch auf Ruhe».

Mit der Lärmschutzverordnung will der Bundesrat vor «schädlichem und lästigem Lärm» schützen. Für die Lautstärke von Kirchengeläut gibt es keine festgelegten Grenzwerte. Anders als beispielsweise Verkehrslärm, der ein unerwünschtes Nebenprodukt der Mobilität ist, verlieren die Kirchenglocken ihren Zweck, wenn sie nur noch leise klingen dürfen. Während Verkehrslärm also etwa durch Schallschutzmauern reduziert werden muss, liegt bei Kirchenglocken die geeignete Lärmschutzmassnahme meist in der Reduktion ihrer Betriebszeiten und nicht in einer Schalldämmung.

Anspruch auf Nachtruhe auch neben einer Kirche

Wie das Bundesgericht schreibt, können «Mehrheitsmeinungen in einer Gemeinde nicht ohne weiteres als Massstab für die Befindlichkeit der ‚Bevölkerung‘» dienen. Führen die Kirchenglocken eines nahegelegenen Kirchturms nachts zu einer Aufwachreaktion, handelt es sich um eine erhebliche Störung. Dabei ist auch auf lärmempfindliche Personengruppen Rücksicht zu nehmen, weswegen gemäss Bundesgericht «tendenziell von einer eher über dem Durchschnitt liegenden Lärmempfindlichkeit ausgegangen werden» muss.

Ob weiter weg wohnende Personen das Kirchengeläut als angenehm empfinden, ändert nichts an der Tatsache, dass auch neben der Kirche wohnende Menschen Anspruch auf Nachtruhe haben. Verbietet die lokale Polizeiverordnung etwa störenden Lärm während der Nachtruhe, müssen die Kirchenglocken auf Antrag hin ruhen. Stört sich die Bevölkerung nicht an dem Kirchengeläut und endet die Nachtruhe in der Gemeinde um 6.00 Uhr, sind die Glockenklänge ab 6.00 jedoch hinzunehmen. (Siehe auch: «Anzeige wegen Ruhestörung: Was droht mir?»)

Aktualisiert am 23. Februar 2023