Familie

Muss mein Kind an der Schule Weihnachtslieder mitsingen?

Nein. Die Schule darf Ihr Kind nicht zwingen, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen. Der Grundschulunterricht muss für Kinder aller Religionen offen sein.

Weder der Lehrplan 21 noch der Plan d’études romand sehen ein Fach «Religion» vor. Der Grundschulunterricht ist säkular ausgerichtet. Wenn die öffentliche Schule so auch niemanden zu einer bestimmten Religion bekehren darf, kann sie dennoch an der Tradition der Weihnachtslieder festhalten, darf aber niemanden zwingen, mitzusingen.

Religiöse Erziehung ist Sache der Eltern

Die religiöse Erziehung ist Sache der Eltern. Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Glaubens- und Gewissensfreiheit darf die Schule Ihr Kind nicht zwingen, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind an öffentlichen Schulen Lehrinhalte, die konfessionell ausgerichtet sind, verfassungswidrig.

Ein Zwang zum Mitsingen von Weihnachtsliedern entgegen der religiösen Überzeugung ist deswegen verfassungswidrig. Bettet die Lehrperson die Weihnachtslieder in einen eigentlichen religiösen Unterricht ein, hat Ihr Kind das Recht auf eine Dispensation vom Unterricht. Hingegen dürfte rein die Tatsache, dass die Lehrperson mit den Kindern Weihnachtslieder singt, verfassungsrechtlich nicht problematisch sein. So hält denn das Bundesgericht, wenn es im entsprechenden Fall auch um ein religiös motiviertes Dispensationsgesuch für Samstage ging, fest, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit «in der Schule vor allem durch Toleranz gewährleistet werden muss.»

Schwimmunterricht betrifft Gleichstellung

Wenn Ihr Kind aus religiösen Gründen das Mitsingen von Weihnachtsliedern verweigern darf, so gilt nicht dasselbe für den Schwimmunterricht: Hier muss Ihr Kind unabhängig von seiner beziehungsweise Ihrer religiösen Überzeugung teilnehmen, sofern er im entsprechenden Kanton obligatorisch ist. Denn Schwimmunterricht ist kein religiöses Fach und die Schule darf gemäss Bundesgericht «angesichts der grossen Bedeutung des Pflichtangebots (…) darauf bestehen, dass ihre Lehrveranstaltungen für alle obligatorisch sind und dass sie nicht für alle persönlichen Wünsche eine abweichende Sonderregelung vorsehen oder zulassen muss.» Der Schwimmunterricht dient zudem «der Wahrung der Chancengleichheit aller Kinder und darüber hinaus auch derjenigen zwischen den Geschlechtern bzw. der Gleichstellung von Mann und Frau».