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7 Antworten zur Revision des Strassenverkehrsgesetzes

Der Bundesrat hat den ersten Teil der Revision des Strassenverkehrsgesetzes auf den 1. Oktober 2023 in Kraft gesetzt. Das Parlament hat mit den revidierten Bestimmungen namentlich den Ermessensspielraum der Gerichte bei der Beurteilung von Raserdelikten erweitert, die Anforderungen an den Entzug des Führerausweises auf Probe erhöht und Erleichterungen für Blaulichtorganisationen eingeführt.

1. Führt ein Raserdelikt immer zu einer Freiheitsstrafe?

Grundsätzlich ja. Wer das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern durch eine «besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit» eingeht, muss nach wie vor mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechnen. Das Parlament hat hier aber zwei Ausnahmen beschlossen.

Zum einen hat es den Strafrahmen für Ersttäter angepasst: Wer in den letzten zehn Jahren vor der Tat keines im Strafregister eingetragenes Strassenverkehrsdelikt begangen hat, dem droht nicht mehr zwingend eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Möglich ist hier vielmehr auch eine kürzere Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Ausdrücklich erwähnt das Gesetz zum anderen die Möglichkeit einer Strafmilderung: Hat der Täter aus achtenswerten Gründen gehandelt, kann das Gericht die Freiheitsstrafe kürzen. Als Beispiel erwähnt wurde im Parlament hier eine «Fahrt in die Notaufnahme». (Siehe auch: «Darf ich rasen, um lebenswichtige Medikamente zu besorgen?»)

2. Wie lange ist der Ausweis nach eine Verurteilung wegen Rasens weg?

Nach wie vor entzieht die Behörde den Lernfahr- oder der Führerausweis nach einer Verurteilung wegen eines Raserdelikts grundsätzlich für mindestens zwei Jahre. Hat die Strafbehörde aber eine Strafe von unter einem Jahr verhängt, darf die Administrativbehörde den Ausweisentzug um bis zu einem Jahr reduzieren.

3. Verlängert sich die Probezeit auch bei einem leichten Verkehrsdelikt?

Nicht mehr. Bei einem leichten Verkehrsdelikt einer Inhaberin des Führerausweises auf Probe verlängert die Administrativbehörde die Probezeit nicht mehr. Neu verlängert die Administrativbehörde die Probezeit nur dann, wenn sie dem Fahrer den Führerausweis auf Probe wegen eines mittelschweren oder schweren Verkehrsdeliktes entzogen hat. Der Führerausweis auf Probe verfällt ebenfalls nur noch dann, wenn dessen Inhaberin während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.

Die Maximalstrafe von 180 Tagessätzen beim Fahren mit abgelaufenem Führerausweis auf Probe bleibt gleich, ist aber aus gesetzestechnischen Gründen im Gesetz nicht mehr erwähnt.

4. Darf die Ambulanz Verkehrsregeln ignorieren?

Nein, neu müssen die Strafverfolgungsbehörden aber die Strafe bei unverhältnismässigen Verkehrsregelverletzungen zwingend mildern. Die Verkehrsregeln gelten aber nach wie vor auch für die Fahrer von Polizei-, Feuerwehr-, Sanitäts- oder Zollfahrzeugen.

Weiter ist für die Beurteilung einer möglichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr die signalisierte Höchstgeschwindigkeit entscheidend. Basiswert für die Berechnung der Geschwindigkeitsüberschreitung ist das Tempo, das «für den Einsatz angemessen gewesen wäre».

5. Kann auch ein Unternehmen als Halterin haften?

Ja. Neu gilt die Halterhaftung auch für juristische Personen. Die Polizei kann damit eine Ordnungsbusse gegen ein Unternehmen verhängen, wenn dieses keine Auskunft darüber gibt, wer zum entsprechenden Zeitpunkt den Firmenwagen gelenkt hat.

6. Muss die Versicherung bei Raser- und Fahrunfähigkeitsdelikten Rückgriff nehmen?

Nicht mehr. Neu hat die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung nur noch ein Rückgriffsrecht, wenn sie vertraglich oder gesetzlich befugt wäre, die Leistung abzulehnen oder zu kürzen. Im bisher geltenden Gesetz war die Versicherung zum Rückgriff auf den Versicherungsnehmer verpflichtet, sofern dieser den «Schaden in angetrunkenem oder fahrunfähigen Zustand» oder durch Rasen verursacht hatte.

7. Was gilt für Motorfahrzeuge von geringer Motorkraft oder Geschwindigkeit?

Neu sieht das Gesetz bei Widerhandlungen mit Fahrzeugen von geringer Motorkraft oder Geschwindigkeit Straferleichterungen vor. Grundsätzlich führen Strassenverkehrsdelikte wie beispielsweise Fahren in schwer betrunkenem Zustand nur noch zu einer Busse, wenn der Lenker das Delikt mit einem Fahrzeug wie etwa einem Motorfahrrad oder einem Behindertenfahrstuhl begeht.

Der Bundesrat wird bestimmen, welche Motorfahrzeuge in diese Kategorie fallen.