Unterwegs

Geblitzt! Muss die Behörde beweisen, dass der Radar funktionierte?

Erlässt die Behörde einen Strafbefehl wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, muss sie nachweisen, dass das Messinstrument richtig misst.

Verwendet eine Behörde ein Messsystem zur Geschwindigkeitsüberwachung, muss sie sicherstellen, dass dieses «den rechtlichen Anforderungen entspricht und dass die Verfahren zur Erhaltung der Messbeständigkeit durchgeführt werden». Die Erfassung der durch das Messsystem festgestellten Widerhandlung muss eine eindeutige Zuordnung der Messwerte erlauben.

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) schreibt in seinen «Weisungen über polizeiliche Geschwindigkeitskontrollen und Rotlichtüberwachung im Strassenverkehr» (ASTRA-Weisungen) der verantwortlichen Auswertungsperson vor, ein Messprotokoll zu führen und dieses im Logbuch zu registrieren. Die Gerichte können auch eine andere Art der Kontrolle akzeptieren, sofern diese die Richtigkeit der Messung belegt. Legt die Behörde aber keine Beweismittel vor, darf ein Gericht nicht ohne weitere Abklärungen davon ausgehen, dass der Beschuldigte Autofahrer tatsächlich die erlaubte Geschwindigkeit überschritten hat. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 11. März 2025 entschieden.

Strafbefehl trotz fehlendem Messprotokoll

Ein Autolenker erhält einen Strafbefehl über CHF 600, die Strafbefehlsbehörde wirft ihm vor, die innerorts die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h überschritten zu haben. Der Beschuldigte erhebt gegen den Strafbefehl Einsprache, da weder Messprotokoll noch Logbuch vorlägen noch die Behörde die «einwandfreie Funktionsfähigkeit des Messgerätes anderweitig erstellt habe». Das Bezirksgericht folgt dieser Argumentation nicht und spricht den Mann der Verkehrsregelnverletzung schuldig. Der Autolenker erhebt erfolglos Berufung ans Obergericht und wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht.

Behörde muss Geschwindigkeitsüberschreitung beweisen

Obwohl weder Messprotokoll noch Logbuch vorliegen, beurteilen Ober- und Bezirksgericht die Messung als korrekt, weil «die Messwerterfassung mit der Bilddokumentation übereinstimmt».

Das Bundesgericht kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Nach ständiger Rechtsprechung kann zwar ein Gericht auch ohne korrekt geführte Messprotokolle und Logbücher beurteilen, ob ein Messgerät funktionstüchtig ist oder nicht. So ist es etwa mithilfe von Zeugenaussagen möglich, ein lückenhaftes Messprotokoll zu verifizieren. Wenn aber wie hier die Dokumentation vollständig fehlt und auch keine zusätzlichen Beweismittel vorliegen, darf ein Gericht die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht als bewiesen anerkennen.

Das Bundesgericht stellt fest, dass die Vorinstanz willkürlich entschieden hat und weist die Sache zur Neubeurteilung zurück. Es auferlegt dem Kanton eine Parteientschädigung in der Höhe von 3 000 CHF.