Familie

Ist die alternierende Obhut nur bei gemeinsamem Sorgerecht möglich?

Sowohl das gemeinsame Sorgerecht als auch die alternierende Obhut setzen voraus, dass die Eltern in Kindesbelangen miteinander kommunizieren können. Ist dies der Fall, muss das Gericht das gemeinsame Sorgerecht zusprechen. Die alternierende Obhut bei dem alleinigen Sorgerecht eines Elternteils ist nicht zulässig, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 20. Dezember 2023 bestätigt.

Auch nach einer Scheidung gilt, dass die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten werden soll. Ein Gericht darf nur ausnahmsweise vom Grundsatz der gemeinsamen elterlichen Sorge abweichen. Dies namentlich dann, «wenn die Eltern in einem schwerwiegenden Dauerkonflikt stehen oder in Kinderbelangen anhaltend kommunikationsunfähig sind», das Kindeswohl deswegen konkret beeinträchtigt ist und die Zuteilung der alleinigen elterlichen Sorge die Situation voraussichtlich verbessert.

Nur wenn das Gericht die gemeinsame elterliche Sorge bestätigt, kann es auch die alternierende Obhut anordnen.

Alternierende Obhut trotz Konflikten

Nach 8 Jahren und zwei gemeinsamen Kindern trennt sich das Ehepaar. Weil es zwischen den Eltern starke Konflikte und Kommunikationsprobleme gibt, spricht das Gericht der Mutter die alleinige Sorge zu. Gleichzeitig kommt es dem Wunsch der Kinder und der Eltern nach, die Kinder abwechslungsweise bei beiden Elternteilen wohnen zu lassen, bestimmt also die alternierende Obhut. Der Vater fordert die gemeinsame elterliche Sorge und erhebt Berufung beim kantonalen Obergericht. Dieses bestätigt das erstinstanzliche Urteil, worauf der Vater am Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhebt.

Alternierende Obhut bedingt gemeinsames Sorgerecht

Im vorliegenden Fall stellt das Obergericht einen «langandauernden und schwerwiegenden Konflikt zwischen den Eltern» sowie eine anhaltende «Kooperations- und Kommunikationsunfähigkeit» fest. Diese Situation sei für die Kinder stark belastend und die Zuteilung der alleinigen elterlichen Sorge an die Mutter unter gleichzeitiger wechselnder Betreuung entschärfe diese Problematik.

Wie das Bundesgericht allerdings ausführt, ist die alleinige elterliche Sorge in Kombination mit einer alternierenden Obhut gesetzlich nicht vorgesehen: Die alternierende Obhut setzt eine einigermassen funktionierende Kommunikation der Eltern in Kindesbelangen voraus. Ist diese gegeben, muss das Gericht die gemeinsame elterliche Sorge beschliessen. Die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge an die Mutter bei gleichzeitiger alternierender Obhut ist folglich gesetzeswidrig.

Das Bundesgericht hebt das Urteil hinsichtlich der Anordnung der alleinigen elterlichen Sorge an die Mutter auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Weiter heisst es die Anträge beider Parteien auf unentgeltliche Rechtspflege gut.