Nachbarrecht

Checkliste: Pflanzen

Was tun, wenn die Pflanzen vom Nachbarsgrundstück stören?

Pflanzen vom Nachbarsgrundstück können aus den unterschiedlichsten Gründen stören. Rechtlich erfolgreich können Sie sich dann gegen die nachbarlichen Bepflanzungen wehren, wenn folgende vier Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Von Bäumen und Sträuchern, deren Stamm auf dem Nachbargrundstück liegen, ragen Wurzeln oder Äste die Grenze auf Ihr Grundstück. Sie dringen damit in Ihren Bodenraum oder Luftraum ein. Allenfalls tragen oder verlieren die Äste Früchte.
  • Diese überragenden Äste bzw. Wurzeln «schädigen» Sie. Dieser Schaden muss nicht materieller oder finanzieller Natur sein. Eine «Schädigung» liegt bereits vor, wenn Sie wegen der überragenden Äste oder Wurzeln ihr eigenes Grundstück nicht oder nur eingeschränkt begehen oder bewirtschaften können oder wenn diese eine übermässige Feuchtigkeit oder Schattenwurf verursachen
  • Das Nachbargrundstück ist im Privateigentum. Ist das Nachbargrundstück in öffentlicher Hand, ist nicht das Zivilgesetzbuch (ZGB), sondern das kantonale öffentliche Recht anwendbar.
  • Die beiden benachbarten Grundstücke sind keine Waldgrundstücke.

Sind diese vier Voraussetzungen erfüllt, haben Sie einen Anspruch auf Beseitigung der Störung. Sie können die Äste oder Wurzeln grundsätzlich kappen lassen oder selber kappen (A) oder in einem letzten Schritt gegen die Nachbarin klagen (B).

A: Kapprecht

  • Setzen Sie Ihrer Nachbarin eine angemessene Frist zur Kappung der überragenden Äste oder Wurzeln. Setzen Sie die Frist schriftlich, denn so können Sie diese später im Bedarfsfall beweisen.
Aufgepasst: Bäume und Sträucher lassen sich nicht zu jeder Jahreszeit zurückschneiden. In aller Regel ist ein Rückschnitt zwischen dem 1. November und dem 1. März möglich.
  • Schneidet die Nachbarin die störenden Äste oder Wurzeln nicht fristgerecht zurück, können Sie die Pflanzen selber zurückschneiden. Wie das Bundesgericht aber festhält, darf die Eigentümerin des beeinträchtigten Grundstückes nicht jeden störenden Ast oder jede störende Wurzel kappen. Damit der Rückschnitt den betreffenden Baum oder Strauch nicht unverhältnismässig oder gar zwecklos schädigt, müssen die Äste oder Wurzeln «übermässig» stören.

Aufgepasst: Sie müssen die Kosten der Kappung selbst tragen.

B: Klage

Verantwortlichkeitsklage des Grundeigentümers

Wenn Sie das Kappen mehr kosten würde als der Wert des Holzes, den Sie damit erhalten, können Sie stattdessen von der Nachbarin die Beseitigung der eindringenden Wurzeln und Äste auf deren Kosten wegen Überschreitung des Eigentumsrechts verlangen. Sollte Ihnen beziehungsweise Ihrem Grundstück oder einer Baute darauf durch die überragenden Äste oder Wurzeln zudem ein Schaden entstanden sein, können Sie nebst der Beseitigung auch Schadenersatz verlangen.

Darf ich Obst von überhängenden Ästen pflücken?

Ragt ein Ast eines Obst- oder Nussbaums oder ein Zweig voller Beeren auf Ihr Grundstück, dürfen Sie diese in aller Regel im Rahmen des Anriesrechts pflücken und behalten. Es gibt hier jedoch Ausnahmen:

  • Kein Anriesrecht besteht, wenn der benachbarte Baum oder Strauch auf eine Privatstrasse, eine Wiese oder eine bewaldete Fläche ragt.
  • Die Kantone können das Anriesrecht anders regeln. Im Kanton Appenzell Innerrhoden gehören die Früchte von überragenden Ästen oder die Beeren von überragenden Zweigen der Eigentümerin des Baumes beziehungsweise des Strauches. Im Kanton Neuenburg ebenfalls, ausser wenn das Obst oder die Beeren bereits abgefallen sind.

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