Warenfälschung
Gefälschte Waren sind am Zoll. Wie weiter?
- Der Zoll hält meine Online-Bestellung zurück. Was passiert als nächstes?
- Kann ich gegen die Vernichtung Einspruch erheben?
- Ich bin mit der Vernichtung einverstanden. Was passiert nun?
- Das IGE hat meine Waren vernichtet. Muss ich sie gleichwohl bezahlen?
- Das IGE hat meine Waren vernichtet, sie waren aber gar nicht gefälscht. Erhalte ich Schadenersatz?
Der Zoll hält meine Online-Bestellung zurück. Was passiert als nächstes?
In der grossen Mehrheit der Fälle handelt es sich bei markenrechtlich verdächtigen Waren um Kleinsendungen, also um Pakete mit bis zu drei Artikeln und einem Gewicht von maximal fünf Kilogramm. Hat die Rechteinhaberin vorgängig einen Antrag auf Hilfeleistung gestellt und darin beim BAZG die Freigabe der Ware sowie die Vernichtung gefordert, hält das BAZG die Ware zurück. Das für dieses seit dem 1. Juli 2025 eingeführte vereinfachte Verfahren zuständige Institut für Geistiges Eigentum (IGE) weist den Besteller darauf hin, dass es die Ware ohne Gegenbericht vernichten wird. Erst im Nachhinein informiert das IGE die Rechteinhaberin über die Vernichtung der Ware. Im Designrecht gilt betreffend die Kleinsendungen dasselbe Verfahren, auch hier ist das IGE zuständig.
Handelt es sich bei der Bestellung nicht um eine Kleinsendung, kann die Rechteinhaberin vorgängig einen Antrag auf Vernichtung im ordentlichen Verfahren stellen. Das BAZG hält die Ware zurück und informiert neben dem Besteller auch die Rechteinhaberin. Diese kann innerhalb von 10 Tagen, in Ausnahmefällen innerhalb von 20 Tagen, den Antrag auf provisorische Massnahmen stellen.
Kann ich gegen die Vernichtung Einspruch erheben?
Lehnt eine Person die Vernichtung ihrer bestellten Ware innerhalb von 10 Arbeitstagen ab, informiert das IGE im vereinfachten Verfahren die Rechteinhaberin. Es behält die Ware während 10, in Ausnahmefällen während 20, Tagen zurück. Innert dieser Frist kann die Rechteinhaberin vorsorgliche Massnahmen beim zuständigen Gericht beantragen. Lässt sie die Frist ungenutzt verstreichen, gibt das IGE die Sendung frei.
Handelt es sich bei der Bestellung nicht um eine Kleinsendung, sind die Fristen dieselben, die Zuständigkeit liegt aber beim BAZG.
Aufgepasst: Die Ablehnung ist nur dann sinnvoll, wenn der Besteller überzeugt ist, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt. Dies ist selten der Fall, so gibt der Käufer denn auch in 95% der Fälle sein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis zur Vernichtung.
Ich bin mit der Vernichtung einverstanden. Was passiert nun?
Die Markenrechtsinhaberin muss die Kosten (gleiches gilt im Designrecht) für die Vernichtung der Ware übernehmen. Während sie im ordentlichen Verfahren den Schaden auf den Besteller der Ware überwälzen kann, ist dies im vereinfachten Verfahren ausgeschlossen. Auch hier gilt dasselbe im Designrecht.
Gegen private Besteller wird die Rechteinhaberin nur in Ausnahmefällen gegen den Besteller auch gerichtlich vorgehen, namentlich um künftige Rechtsverletzungen zu verhindern. (Siehe «Rechtsweg»)
Aufgepasst: Es ist gesetzlich nicht definiert, ab wann ein Käufer als gewerbsmässig gilt. (Siehe oben: «Spielt es eine Rolle, wie viel gefälschte Ware ich bestelle?»)
Das IGE hat meine Waren vernichtet. Muss ich sie gleichwohl bezahlen?
Der Kaufvertrag über die gefälschte Ware gilt auch nach der Vernichtung weiterhin und der Käufer muss den Kaufpreis grundsätzlich bezahlen.
In der Praxis verlangt die Online-Händlerin in aller Regel eine Vorauszahlung. Ob es sich lohnt, diese Vorauszahlung zurückzufordern, hängt insbesondere davon ab, wo die Verkäuferin oder Importeurin ihre Adresse hat. Ist eine Kontaktadresse in der Schweiz verfügbar, kann sich der Käufer an diese Adresse wenden und die Rückerstattung des Kaufpreises fordern. Er kann argumentieren, dass der Kauf nicht gültig zustande gekommen ist, da er sich in einem Irrtum befunden hat. Er kann auch argumentieren, dass es dem gekauften Artikel an der zugesicherten Eigenschaft der Echtheit fehlt. Diese Argumente haben nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Fälschung nicht offensichtlich erkennbar war.
Das IGE hat meine Waren vernichtet, sie waren aber gar nicht gefälscht. Erhalte ich Schadenersatz?
Hat der Besteller der markenrechtlich begründeten Vernichtung schriftlich zugestimmt, verliert er seine Ansprüche auf Schadenersatz. Dasselbe gilt im designrechtlichen Verfahren. Hat der Besteller jedoch nicht schriftlich zugestimmt, haftet die Rechteinhaberin für den Schaden, sofern die Vernichtung markenrechtlich unbegründet war. Dasselbe gilt im designrechtlichen Verfahren.