Unterwegs

Darf ein Polizist Anzeige erstatten und die Einvernahme durchführen?

Grundsätzlich ja, wie das Bundesgericht am 9. April entschieden hat. Erstattet ein Polizist Anzeige und führt im Anschluss die Einvernahme selbst durch, ist das nicht in jedem Fall ein zwingender Ausstandsgrund. Die betroffene Partei muss folglich ohne Verzug ein Ausstandsgesuch stellen.

Der Polizist war als Fahrradfahrer privat unterwegs. Er fühlte sich von einem hinter ihm fahrenden Autolenker bedrängt. Der Polizist notierte sich das Kontrollschild und hat den Autofahrer als beschuldigte Person schriftlich zur polizeilichen Einvernahme einbestellt. Der Polizist hat den Autofahrer am 2. Juli 2018 befragt und anschliessend als Privatperson Anzeige erstattet. Am 4. September 2018 hat die Staatsanwalt gegen den Autofahrer einen Strafbefehl erlassen. Dieser, nunmehr anwaltlich vertreten, hat am 21. September 2018, nach Einsichtnahme in die Akten, ein Ausstandsgesuch gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat das Ausstandsgesuch abgelehnt, da der Autofahrer dieses zu spät eingereicht habe.

Ausstandsgesuch ist innert weniger Tage zu stellen

Das Bundesgericht ist dieser Auffassung gefolgt. Eine Partei habe ein Ausstandsgesuch ohne Verzug zu stellen. Gemäss Rechtsprechung müsse dies spätestens sechs bis sieben Tage nach Kenntnis über den Ausstandsgrund geschehen. Im vorliegenden Fall habe der Autofahrer bereits am 2. Juli 2018 gewusst, dass es sich beim einvernehmenden Polizisten um den betroffenen Fahrradfahrer gehandelt habe. Ein erst am 21. September 2018, am Tag der Akteneinsicht, eingereichtes Ausstandsgesuch sei jedenfalls verspätet.

Auch ein Laie muss sich rechtskundig machen

Zwar anerkennt das Bundesgericht, dass ein juristischer Laie ohne anwaltliche Vertretung wegen einer polizeilichen Einvernahme überrumpelt sein könne. Das hindere auch einen Laien aber nicht daran, sich rechtskundig zu machen und einige wenige Tage nach der Einvernahme ein Ausstandsgesuch zu stellen.

Ein zwingender Ausstandsgrund sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, weswegen der Polizist nicht von sich aus hätte in den Ausstand treten müssen. Das Bundesgericht weist folglich die Beschwerde ab.