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Einsprache gegen die Kündigung: Wer muss was beweisen?

Der Arbeitnehmer muss vor Gericht beweisen können, dass er gegen seine Kündigung gültig und fristgerecht Einsprache erhoben hat. Erbringt er diesen Beweis nicht, muss das Gericht seinen Antrag auf Entschädigung abweisen. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 11. Mai 2023 entschieden.

Erachtet ein Arbeitnehmer seine Kündigung als missbräuchlich, muss er spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache bei der Arbeitgeberin erheben und dieses Schreiben im gerichtlichen Verfahren vorlegen. Tut er dies nicht, kann das Gericht ein allfällig tatsächlich erfolgtes Schreiben nicht berücksichtigen und der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entschädigung ist verwirkt.

Keine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung

Die Arbeitgeberin kündigt der Arbeitnehmerin. Diese erhebt während der Kündigungsfrist Einsprache und verlangt vor Gericht eine Entschädigung von CHF 37 500 wegen missbräuchlicher Kündigung. Die Einsprache ist in den Akten erwähnt, aber die Arbeitnehmerin legt das Schreiben dem Gericht nicht vor. Das erstinstanzliche Gericht geht nicht auf das Angebot der Arbeitnehmerin, das Schreiben noch vorzulegen, ein. Denn dies sei nicht mehr zulässig und der Entschädigungsanspruch damit verwirkt. Das Kantonsgericht hingegen hebt den Entscheid der Vorinstanz auf und verweist ihn zurück mit dem Auftrag, die Beweise mit dem Schreiben zu ergänzen. Dagegen erhebt die Arbeitgeberin erfolgreich Beschwerde in Zivilsachen am Bundesgericht.

Ohne gültige Einsprache ist Entschädigungsanspruch verwirkt

Die Einsprache gegen die missbräuchliche Kündigung ist gemäss Bundesgericht zwingend, weil mit dieser zumindest die theoretische Möglichkeit bestehe, dass die Arbeitgeberin die Kündigung zurückziehe und so keine Entschädigung leisten müsste. Die Arbeitgeberin bestreitet zwar nicht, dass die Arbeitnehmerin vor Ende der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache gegen die Kündigung erhoben habe. Das Bundesgericht hält aber fest, dass das Gericht eine Verwirkung eines Anspruches von Amtes wegen zu prüfen habe. Die Arbeitnehmerin habe nicht bewiesen, dass sie gültig und fristgerecht Einsprache erhoben hatte. Jedenfalls sei die Einsprache in den Akten nicht enthalten. Der Entschädigungsanspruch sei deswegen gar nie entstanden und damit verwirkt.

Ist ein Anwalt involviert, fragt Gericht nicht nach

Ab einem Streitwert von über 30 000 CHF gilt in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, grundsätzlich die Verhandlungsmaxime. Ist etwas unklar, gibt das Gericht der Partei jedoch durch entsprechende Fragen Gelegenheit, die Sache zu klären und zu ergänzen. Dies gilt aber nur dann, wenn die Partei nicht anwaltlich vertreten ist. Da die Arbeitnehmerin in diesem Fall bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertreten war, musste und durfte das Gericht nicht nachfragen.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Arbeitgeberin gut und verpflichtet die Arbeitnehmerin zur Übernahme der Gerichtskosten in der Höhe von 2 000 CHF sowie der Parteientschädigung im Umfang von 2 500 CHF.