Arbeiten

Gilt das Arbeitsgesetz auch bei der 24-Stunden-Betreuung zuhause?

Ja, sofern der Arbeitnehmer bei einer Betreuungsorganisation angestellt ist. Dies hat das Bundesgericht mit Entscheid vom 22. Dezember 2021 bestätigt und die entsprechende Beschwerde eines Arbeitnehmerverbandes gutgeheissen.

Das Arbeitsgesetz ist nicht anwendbar, wenn ein Arbeitnehmer für die privaten Bedürfnisse der Arbeitgeberin in deren Haushalt angestellt ist. Unklar bis zum vorliegenden Bundesgerichtsentscheid war aber, ob dies auch gilt, wenn der Arbeitnehmer für seine Tätigkeit im privaten Haushalt bei einer Betreuungsorganisation angestellt ist.

Für Kanton fällt die 24h-Betreuung im Privathaushalt nie unter Arbeitsgesetz

Zur Klärung hat ein Arbeitnehmerverband das kantonale Arbeitsinspektorat gebeten, den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin mit der Betreuungsorganisation zu überprüfen. Die Arbeitnehmerin war als «Seniorenbetreuerin 24h» angestellt. Die kantonalen Instanzen vertraten die Auffassung, dass das Arbeitsgesetz und insbesondere dessen Höchstarbeits- und Ruhezeitvorschriften auf diesen Arbeitsvertrag nicht anwendbar sei.

Private Haushaltungen dem Arbeitsgesetz nicht unterstellt

Das Arbeitsgesetz schliesst «private Haushaltungen», welche Personen für ihre privaten Bedürfnisse anstellen, von seinem betrieblichen Geltungsbereich aus. Hier gewährleisten die kantonalen Normalarbeitsverträge einen gewissen Arbeitnehmerschutz.

Die Ausnahme soll unter anderem die Privatsphäre gewährleisten, indem beispielsweise das Arbeitsinspektorat nicht im Haushalt kontrollieren gehen darf. Bei Funktionen wie Reinigungskräften oder Köchen ist laut Bundesgericht von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeberin auszugehen, «welches die Ausnahme vom Geltungsbereich des Arbeitsgesetzes ebenfalls rechtfertigen kann.»

Kein besonderes Vertrauen im Dreiparteienverhältnis

Ist der Arbeitnehmer jedoch über eine Betreuungsorganisation angestellt, liegt kein derartiges Vertrauensverhältnis vor: Das Arbeitsinspektorat kann die Arbeitszeiten via die Rapporte bei der Arbeitgeberin prüfen, ohne in den Haushalt gehen zu müssen. Weiter wechselt die Arbeitgeberin den betreuenden Arbeitnehmer regelmässig aus. Schliesslich kommt das Arbeitsergebnis – die Pflege – wirtschaftlich betrachtet der Betreuungsorganisation zugute und dient nicht den privaten Bedürfnissen der zu betreuenden Person.

Arbeit im Haushalt untersteht Arbeitsgesetz, wenn Anstellung über Personalverleih

Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Ausnahme für Privathaushalte nur auf Zweiparteienverhältnisse anwendbar ist, also wenn ein privater Haushalt eine Person direkt angestellt hat und nur ersterer weisungsbefugt ist. Namentlich wenn der Arbeitnehmer über einen Personalverleih angestellt ist, gilt das Arbeitsgesetz.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Arbeitnehmerverbandes gut und verpflichtet den Kanton, ihm eine Parteienentschädigung von 3 500 CHF zu bezahlen.