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Habe ich während der Ferien Anspruch auf Lohn?

Die Arbeitgeberin muss den Ferienlohn ihres im Vollzeitpensum angestellten Arbeitnehmers zu dem Zeitpunkt auszahlen, an dem er die Ferien bezieht. Ausnahmen sind nicht mehr zulässig, da die heutigen Zeiterfassungssysteme eine Berechnung des Ferienlohnes auch bei unregelmässigen Beschäftigungsverhältnissen ermöglichen. Dies hat das Bundesgericht in Änderung seiner Rechtsprechung mit Urteil vom 30. Januar 2023 entschieden.

Der Arbeitnehmer hat auch während seiner Ferien einen Lohnanspruch. Eine davon abweichende und für den Arbeitnehmer nachteilige Regelung im Vertrag ist nichtig. Ist ein Arbeitnehmer Vollzeit bei einer Arbeitgeberin angestellt, muss sie ihm den Lohn auch dann zum Zeitpunkt seiner Ferien auszahlen, wenn im Stundenlohn eine Ferienentschädigung enthalten ist. Die bis anhin möglichen Ausnahmen bei unregelmässigen Beschäftigungsverhältnissen sind mit der neuen Rechtsprechung bei einem Vollzeitpensum nicht mehr zulässig.

Mitarbeiterin klagt Ferienentschädigung ein

Die Mitarbeiterin ist zu 100% angestellt, ihr Stundenlohn enthält eine Ferienentschädigung. Nach 13 Jahren kündigt die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis. Die entlassene Angestellte fordert vor Zivilgericht unter anderem den Lohn für die Ferien der vergangenen fünf Jahre. Gemäss der Arbeitgeberin hingegen sind die bezogenen Ferien bereits mit der im Stundenlohn enthaltenen Ferienentschädigung abgegolten, da die Mitarbeiterin unregelmässig beschäftigt gewesen sei. Die Arbeitgeberin unterliegt mit ihrer Argumentation vor dem Zivilkreisgericht, dem Kantonsgericht und schliesslich vor dem Bundesgericht.

Anspruch auf Lohnauszahlung während Ferien

Die Arbeitgeberin muss den Lohn auch während der Ferien auszahlen. Diese Regelung soll sicherstellen, «dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt, in dem er die Ferien tatsächlich bezieht, auch über das notwendige Geld verfügt, um diese sorgenfrei verbringen zu können». Unter restriktiven Bedingungen hatte das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung Ausnahmen zugelassen: War der Arbeitnehmer unregelmässig beschäftigt und die Ferienentschädigung im Lohn ausgewiesen und als solche deklariert, durfte die Arbeitgeberin die Lohnzahlungen während der Ferien aussetzen.

Voraussetzung ist dabei aber, dass unüberwindbare Schwierigkeiten vorliegen, «die eine Auszahlung während der Ferien als praktisch nicht durchführbar erscheinen lassen». Dies ist nun aber gemäss Bundesgericht mit den heute zur Verfügung stehenden Zeiterfassungssystemen nicht mehr der Fall: Eine der zwingenden Gesetzesnorm widersprechende «Vereinbarung der Ausrichtung des Ferienlohns mit dem laufenden Lohn im Fall der bei derselben Arbeitgeberin zu 100% angestellten Beschwerdegegnerin [ist] nicht zulässig».

Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Arbeitgeberin ab und auferlegt ihr die Gerichtskosten im Umfang von 700 CHF. Zusätzlich hat sie die ehemalige Mitarbeiterin eine Parteientschädigung in der Höhe von 2 500 CHF zu bezahlen.