Familie
Kind hat Gipsbein – darf ich es zuhause betreuen?
Eltern eines verunfallten Kindes haben unabhängig von der Behandlungsdauer nur bei schlechter oder unsicherer Prognose Anspruch auf Urlaub.
Seit dem 1. Juli 2021 hat Anspruch auf Betreuungsurlaub, wer ein krankes oder verunfalltes sowie gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind pflegt. Anspruchsberechtigt sind Eltern, welche ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen, um das Kind zu betreuen. Ist die Prognose vorhersehbar oder positiv, berechtigt auch eine lange Behandlungsdauer nicht zu einer Betreuungsentschädigung. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 15. September 2025 festgehalten. (Siehe auch: «7 Antworten zum neuen Betreuungsurlaub».
Ausgleichskasse lehnt Betreuungsentschädigung ab
Nachdem ihr dreijähriges Kind von der Schaukel gefallen war und sich dabei einen Knochenbruch zugezogen hat, betreut die Mutter es für mehrere Wochen zuhause und beantragt bei der zuständigen Ausgleichskasse eine Betreuungsentschädigung. Die Ausgleichskasse lehnt den Antrag ab, wie sie auch die Einsprachen der Mutter, ihrer Arbeitgeberin und ihrer Kinderärztin nach Rückfrage beim Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) ablehnt. Das daraufhin angerufene Kantonsgericht weist die Beschwerde ab. Die Mutter zieht den Entscheid mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weiter.
Kein Betreuungsurlaub bei positiver Prognose
Der Anspruch auf Betreuungsurlaub für Eltern besteht nur dann, wenn die Prognose «schwer vorhersehbar ist oder mit einer bleibenden oder zunehmenden Beeinträchtigung oder mit dem Tod zu rechnen ist». Beeinträchtigt der Unfall eines Kindes den Alltag, ist «jedoch mit einem positiven Ausgang oder mit einer kontrollierbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung» zu rechnen, besteht kein Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung. Erst wenn eine ärztliche Behandlung von einigen Monaten nötig ist, geht der Gesetzgeber von einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung aus.
Im vorliegenden Fall kreuzt die behandelnde Ärztin im Arztzeugnis nicht an, dass die Prognose schwer vorhersehbar sei. In der Einsprache führt sie aus, dass die aufwändige Betreuung durch die Kindsmutter habe erfolgen müssen. Der Verlauf der Heilung sei absehbar gewesen und nur, wenn die Ruhigstellung im Becken-Beingips nicht hätte erfolgen können, hätte eine bleibende körperliche Beeinträchtigung gedroht.
Die Mutter argumentiert, dass der Gesetzgeber lediglich habe Bagatellen ausschliessen wollen. Sei jedoch eine medizinische Behandlung nötig, um bleibende Schäden zu verhindern, seien die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Das Bundesgericht folgt dieser Argumentation nicht, da damit auch eine Schnittwunde als schwere Beeinträchtigung angesehen werden müsste, weil diese ohne Behandlung etwa zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung führen könnte. Gemäss Bundesgericht ist es klar, «dass der Gesetzgeber nicht den potentiellen Verlauf einer unbehandelten Erkrankung im Blick hatte». Er habe zudem auch mittelschwere Beeinträchtigungen ausschliessen wollen, selbst wenn deren Behandlung länger dauere.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und auferlegt der Beschwerdeführerin die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 500.