Arbeiten

Darf ich meine Arbeitskollegen beschimpfen und bedrohen?

Wer seine Arbeitskollegen wiederholt beschimpft und bedroht, zerstört die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage und macht eine Weiterbeschäftigung unzumutbar. Ein solches aggressives Verhalten rechtfertigt deswegen eine fristlose Entlassung, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 6. Dezember 2023 bestätigt.

Das im konkreten Fall anwendbare Personalreglement hält fest, dass das «Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen beidseitig ohne Einhaltung von Fristen jederzeit aufgelöst werden kann». Analog anwendbar ist hier das Obligationenrecht, wonach als «wichtiger Grund» jeder Umstand gilt, «bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf». Beschimpft und bedroht ein Pflegehelfer seine Arbeitskollegen vor den Augen der Heimbewohner und kann er sein Verhalten nicht rechtfertigen, darf die Arbeitgeberin ihn fristlos entlassen. (Siehe aber: «Darf ein Polizist via Diensthandy an sexistischen Chats teilnehmen?»)

Pflegehelfer bedroht Arbeitskollegen

Ein Pflegehelfer gilt während COVID-19 als besonders gefährdete Person. Aufgrund von verschiedenen Absenzen und dem unentschuldigten Fernbleiben bei einem Termin mit der Personalärztin stellt das Spital dem seit drei Jahren angestellten Pflegehelfer die fristlose Kündigung in Aussicht. Während der Hausarzt des Pflegehelfers eine Arbeitsunfähigkeit vom 2.-19. April 2020 bestätigt, stellt die Personalärztin die Arbeitsfähigkeit ab dem 14. April fest, da er sich mit Maske und Handdesinfektion genügend schützen könne. Zurück am Arbeitsplatz gerät der Pflegehelfer in einen lautstarken Streit mit der Stationsleiterin, im Rahmen dessen er mit der Faust auf den Tisch und gegen die Wand schlägt.

Am 16. April erscheint der Pflegehelfer ohne Maske zur Arbeit, wird wiederum laut und bedroht seine Arbeitskollegen. Die Stationsleitung bietet ihn zu einem Gespräch im Personalbüro auf, zu welchem er nicht erscheint. Tags darauf kündigt das Spital dem Pflegehelfer fristlos. Dieser wehrt sich gegen die Kündigung, der Verwaltungsrat des Spitals bestätigt die Rechtmässigkeit der fristlosen Entlassung. Auch der Bezirksrat weist den Rekurs des Pflegehelfers ab. Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht bestätigt zwar die Kündigung, spricht dem Pflegehelfer aber eine Parteientschädigung von CHF 2 000 zu. Der Pflegehelfer reicht gegen diesen Entscheid Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein und verlangt darin Schadenersatz und eine Genugtuung in der Höhe von rund CHF 24 000.

Bedrohungen zerstören arbeitsrechtliche Vertrauensbasis

Das wiederholte aggressive Verhalten, welches der Pflegehelfer teilweise auch vor den Bewohnern des Pflegezentrums gezeigt hat, rechtfertigt für sich allein die fristlose Entlassung. Denn durch die Beschimpfungen und Drohungen hat der Pflegehelfer die für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensgrundlage zerstört und dem Spital war eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar. Dass der besonders gefährdete Pflegehelfer sich tatsächlich mit Maske und Handdesinfektion nicht genügend schützen konnte, rechtfertigt das wiederholte aggressive Verhalten nicht.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und auferlegt dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 3 000.