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Ist Strassentheater erlaubt?

Kanton und Gemeinde dürfen Strassentheater regulieren, müssen dabei aber die Grundrechte beachten.

Strassentheater fallen in den Schutzbereich der verfassungsrechtlich garantierten Wirtschaftsfreiheit und der Meinungsfreiheit. Gemäss Bundesgericht sind in erster Linie die Kantone dafür zuständig, die Nutzung von öffentlichem Grund zu regeln. Im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Gemeindeautonomie können die Gemeinden die Nutzungsregeln weiter präzisieren.

Strassentheater ist grundsätzlich erlaubt

Wer ein Strassentheater aufführt, tut das entweder aus ideellen Gründen oder erbringt eine Dienstleistung und erwartet dafür eine Gegenleistung in Geld. Geschützt sind beide Arten des Strassentheaters, einerseits durch die Meinungsfreiheit, aber unter Umständen auch durch die Wirtschaftsfreiheit. Denn lässt die Schauspieltruppe etwa einen Hut umherreichen, geht es um einen «Austausch wirtschaftlicher Güter», womit Strassentheater unter die Wirtschaftsfreiheit fällt. Betteln fällt demgegenüber laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht in den Schutzbereich der Wirtschaftsfreiheit. (Siehe auch: «Darf ich das Trottoir im Quartier mit Blumen verschönern?»)

Wenn ein Gemeinwesen oder eine Behörde Strassentheater reguliert, muss sie sich damit an die Vorgaben für die Einschränkungen von Grundrechten halten: Die Einschränkung muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein.

Strassentheater als «gesteigerter Gemeingebrauch»

Wer auf der Strasse oder auf einem Platz ein Theater aufführt, nutzt den öffentlichen Grund intensiver als vorgesehen. Ein Strassentheater stellt somit einen «gesteigerten Gemeingebrauch» dar und kann die übrigen Nutzer es öffentlichen Raumes stören. Eine Bewilligungspflicht für Strassentheater ist deswegen grundsätzlich zulässig. Die Kantone und Gemeinden können die Voraussetzungen für die Bewilligungen selbst festlegen, sofern sie sich an die Bundesverfassung halten.

Die Gemeinden regeln den Gebrauch öffentlicher Strassen und Plätze in ihren Ortspolizeireglementen. Lassen die kommunalen und kantonalen Regeln Strassentheater zu, können sie beispielsweise festlegen, an welchen Orten und Zeiten es zugelassen ist, ob Verstärker erlaubt sind oder ob es eine maximale Anzahl von Schauspielern gibt. Das Bundesgericht hat so etwa die Verfassungsmässigkeit von speziell bezeichneten Zonen, in welchen Strassenmusik erlaubt ist, bestätigt.

Geht das Strassentheater über eine rein ideelle Vorführung hinaus, gibt es also beispielsweise eine Kollekte, kann das Gemeinwesen gemäss Bundesgericht stärker eingreifen: «Bei der Ausübung ideeller Grundrechte ist eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs oder anderer öffentlicher Interessen eher in Kauf zu nehmen als bei sonstigen Aktivitäten».

Aktualisiert am 12. Dezember 2024