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Darf SRF sich weigern, meinen Kommentar zu veröffentlichen?

Sofern es rechtsgleich handelt, darf SRF eine Netiquette durchsetzen. Ob SRF «ideologisch gefärbt» moderiert, prüft das Bundesgericht nicht abstrakt.
Wenn die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) eine Beschwerde gutheisst, kann der siegreiche Beschwerdeführer den Entscheid nicht anfechten mit dem Argument, die Begründung stimme nicht. Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) darf sich zudem unter Verweis auf die Netiquette weigern, bestimmte Kommentare zu veröffentlichen und darf die Netiquette auch je nach Artikel strenger oder weniger streng anwenden. Schliesslich hat der User keinen Anspruch darauf, dass das Bundesgericht die Moderationspraxis generell und abstrakt beurteilt, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 11. Juni 2025 festgehalten hat.
User zieht trotz Sieg vor UBI an das Bundesgericht
Ein User legt im November und Dezember 2023 Beschwerden bei der UBI ein, nachdem das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) seine Kommentare zu Online-Artikeln teilweise gelöscht beziehungsweise nicht aufgeschaltet und sein Kommentarkonto gesperrt hatte. Die UBI vereinigt alle Verfahren und heisst im September 2024 einige Beschwerden betreffend die Nichtaufschaltung von Kommentaren und die Beschwerde gegen die sechsmonatige Sperre des Kommentarkontos gut. Ohne konkrete Anträge zu stellen, gelangt der User mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht.
Begründung eines Urteils ist nicht anfechtbar
Der User ist der Ansicht, dass SRF durch die Löschung beziehungsweise Nicht-Aufschaltung seiner Kommentare die Meinungsfreiheit verletzt hat. Das Bundesgericht erinnert daran, dass es nur das beurteilen kann, «was bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war oder allenfalls hätte sein müssen». Es geht deswegen nicht auf den allgemein formulierten Vorwurf ein, die UBI hätte eine «vertiefte Prüfung struktureller Ungleichbehandlung» vornehmen müssen. Ebenso wenig Gehör findet der User mit dem Argument, die UBI hätte die Beschwerde gegen die Kontosperrung aus den falschen Gründen gutgeheissen. Es bestehe, so das Bundesgericht, kein Rechtsschutzinteresse daran, eine gutgeheissene Beschwerde anzufechten.
Redaktion darf Kommentarregeln an jeweiligen Artikel anpassen
Der Beschwerdeführer stört sich daran, dass die Redaktion die Bewertung eines Kommentars einer anderen Nutzerin als «frech, anmassend, unwahr und sehr nach beleidigte Leberwurst tönend» nicht veröffentlicht hat. Er sieht darin eine Verletzung des Gebots der Rechtsgleichheit, da die Redaktion andere ähnlich lautende Kommentare publiziert hat. Das Bundesgericht stützt jedoch die Redaktion in ihrer Argumentation, dass sie je nach Artikel unterschiedliche Kommentarregeln anwenden dürfe und sie betreffend den konkreten Artikel keinerlei Kommentare mit persönlichen Angriffen veröffentlicht habe. (Siehe auch: «Darf ein Unternehmen Kommentare auf seiner Social Media Site löschen?»)
Bundesgericht prüft «Netiquette» anhand von Einzelfällen
Laut dem Beschwerdeführer habe das Bundesgericht zu prüfen, «ob ein gebührenfinanziertes Medium wie SRF eine Kommentarkultur betreiben darf, die nach ideologischer Nähe misst und inhaltlich gleichlautende Beiträge abhängig vom Autor zensiert oder zulässt». Das Bundesgericht geht auf diesen Vorwurf nicht ein: Es sei festzuhalten, «dass das Bundesgericht grundsätzlich nicht dazu berufen ist, abstrakte Fragen zu beantworten». Das Bundesgericht kann einzelne Moderationsentscheide beurteilen, aber nicht allgemein beantworten, ob eine «ideologisch gefärbte Moderationspraxis» vorliege.
Das Bundesgericht tritt nicht auf die Beschwerde ein und auferlegt dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten von CHF 1 000. Hingegen schuldet der Beschwerdeführer der «im Programmbereich mit öffentlichen Aufgaben betrauten Beschwerdegegnerin» keine Parteientschädigung.