Gesundheit

Grenzgänger: Ist die Befreiung von der Versicherungspflicht endgültig?

Ein nicht versicherungspflichtiger Grenzgänger darf sich nach KVG versichern lassen, wenn ihm unverschuldeterweise eine Unterversicherung droht.

Erwerbstätige Personen sind der obligatorischen Krankenpflegeversicherung jenes Staates unterstellt, in welchem sie erwerbstätig sind. In der Schweiz erwerbstätige Grenzgänger aus Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich können sich jedoch von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Haben sie sich befreien lassen, ist dieser Entscheid grundsätzlich endgültig. Ändert sich die Versicherungsdeckung jedoch ohne Verschulden der versicherten Person, kann der Grenzgänger verlangen, wieder in die Schweizerische Krankenpflegeversicherung aufgenommen zu werden. Dies hat das Bundesgericht mit Entscheid vom 1. Oktober 2021 bestätigt.

Grenzgängerin stellt Gesuch um Wiederaufnahme in die KVG-Versicherung

Die deutsche Grenzgängerin wohnt in Deutschland und arbeitet in Schaffhausen. Sie verfügt über eine Versicherungsdeckung nach dem Schweizerischen Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Die zuständige schweizerische Behörde heisst ihr Gesuch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Versicherung gemäss Krankenversicherungsgesetz (KVG) gut. Ein paar Jahre später stellt der Krankenversicherer hat das von der Grenzgängerin gewählte Versicherungsprodukt nach VVG ein, womit die Grenzgängerin nicht mehr über eine ausreichende Versicherungsdeckung verfügt. Sie kommt deswegen auf ihr ursprüngliches Befreiungsgesuch zurück und verlangt, in die Versicherung gemäss KVG aufgenommen zu werden. Das kantonale Sozialversicherungsamt weist das Begehren ab und hält im Einspracheentscheid daran fest. Das kantonale Obergericht weist die Beschwerde der Grenzgängerin ab, worauf diese mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht gelangt.

Schutz der Grenzgänger vor Unterversicherung

Will sich ein Grenzgänger von der obligatorischen Versicherung befreien, muss er nachweisen, dass er eine hinreichende andere Versicherungsdeckung für den Krankheitsfall hat. Im vorliegenden Fall war die Grenzgängerin zum Zeitpunkt der Befreiung hinreichend gedeckt. Mit dem von ihr nicht verschuldeten Auslaufen ihres VVG-Versicherungsproduktes muss sie jedoch erneut abklären, wie sie eine ausreichende Deckung sicherstellen kann. Hätte sie in dieser Situation kein Wahlrecht, würde eine Unterversicherung drohen. Zweck des Anhangs II des Freizügigkeitsabkommens ist jedoch, eine solche Unterversicherung zu vermeiden.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Grenzgängerin gut. Das Sozialversicherungsamt Schaffhausen muss ihr eine Parteientschädigung von CHF 2 800 bezahlen.

Aktualisiert am 13. Februar 2025