Gesundheit

Pensioniert! Kriege ich nur die Hälfte der Erziehungsgutschriften?

Wer verheiratet ist, erhält bei der Pensionierung auch dann nur die hälftigen Erziehungsgutschriften, wenn der Partner noch nicht im AHV-Alter ist.

Die Ausgleichskasse setzt die AHV-Rente auf der Grundlage der anrechenbaren Beitragsjahre und aufgrund des massgeblichen durchschnittlichen Jahreseinkommen fest. Hatte die versicherte Person die elterliche Sorge für eines oder mehrere Kinder, rechnet die Ausgleichskasse zudem Erziehungsgutschriften als fiktives Einkommen dazu. Bei verheirateten Paaren teilt die Ausgleichskasse die während der Ehe angesammelten Erziehungsgutschriften hälftig auf, sobald ein Ehepartner das Referenzalter erreicht hat. Das während der gemeinsamen Ehe erzielte Erwerbseinkommen teilt sie ebenfalls hälftig auf, dies jedoch erst, sobald auch der zweite Ehepartner das Referenzalter erreicht hat. Diese gesetzliche Regelung ist weder diskriminierend noch verletzt es das Recht auf Achtung des Familienlebens, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 3. Juli 2025 bestätigt hat.

Ausgleichskasse rechnet hälftige Erziehungsgutschriften an

Die kantonale Ausgleichskasse legt die einfache ordentliche Altersrente für eine verheiratete Mutter auf CHF 2 097 fest. Die Grundlage dafür bilden neben dem massgeblichen durchschnittlichen Jahreseinkommen von CHF 61 740 die halben Erziehungsgutschriften. Dagegen erhebt die Frau bei der kantonalen Ausgleichskasse erfolglos Einspruch und legt danach Beschwerde ans Kantonsgericht ein. Darin fordert sie, dass die Ausgleichskasse ihr die Erziehungsgutschriften bis zum Zeitpunkt, zu dem ihr Ehemann das gesetzliche Rentenalter erreicht, voll anrechnet. Das Kantonsgericht heisst die Beschwerde gut. Die Ausgleichskasse erhebt gegen dieses Urteil Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.

Teilung der Erziehungsgutschriften laut Vorinstanz diskriminierend

Sobald der erste Ehepartner das Referenzalter erreicht hat, teilt die Ausgleichskasse für die Berechnung der Altersrente die Erziehungsgutschriften hälftig auf. Haben beide Ehepartner das Referenzalter erreicht, berechnet die Ausgleichskasse die Rente neu. Namentlich rechnet sie das während der gemeinsamen Ehe erzielte Erwerbseinkommen zusammen und teilt es hälftig.

Dass die Ausgleichskasse die hälftige Teilung der Erziehungsgutschriften bereits bei ihrem Eintritt ins Rentenalter, jene des Erwerbseinkommens aber erst mit dem Eintritt ihres Mannes ins Rentenalter vollzieht, ist gemäss der Argumentation der Beschwerdeführerin diskriminierend im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK): In aller Regel reduziert die Frau die Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung und erhält damit eine tiefere AHV-Rente als ihr Ehemann. Die Vorinstanz folgt dieser Argumentation und weist die Ausgleichskasse an, bei der Berechnung der Altersrente entgegen dem Gesetzeswortlaut die gesamten Erziehungsgutschriften zu berücksichtigen.

Erziehungsgutschriften hängen nicht von Erwerbstätigkeit ab

Das Bundesgericht erinnert daran, dass bei Sozialleistungen der konventionsrechtliche Gleichheitsgrundsatz nur dann von Bedeutung ist, wenn es dabei um die Achtung des Familienlebens geht. Die Erziehungsgutschriften bezwecken zwar die gesellschaftliche Aufwertung der Erziehungsarbeit. Sie beeinflussen die Rentenhöhe zudem nur dann, wenn das durchschnittliche Jahreseinkommen nicht zu einer Maximalrente führt. Im Übrigen wirken sie sich laut Bundesgericht aber nicht zwingend auf das Familienleben und die Entscheidung, die Erwerbstätigkeit zu reduzieren, aus. Die Ausgleichskasse berücksichtigt die Erziehungsgutschriften unabhängig davon, ob ein Ehepartner die Erwerbstätigkeit reduziert hat oder nicht.

Weiter schreibt das Bundesgericht, dass die Erziehungsgutschriften vor allem finanzieller Natur und deswegen das Recht auf Achtung des Familienlebens nicht betreffen.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das Urteil des Kantonsgerichts auf und bestätigt den Einspracheentscheid der Ausgleichskasse. Die Beschwerdeführerin muss die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 500 übernehmen.