Behörden

Darf eine italienischsprachige ETH – Studentin ein Wörterbuch nutzen?

Ja, wie das Bundesgericht mit Entscheid vom 27. Juli 2020 festgehalten hat.

Nachdem sie eine Repetitionsprüfung in physikalischer Chemie nicht bestanden hatte, hat die ETH eine italienischsprachige Studentin aus dem Studiengang ausgeschlossen. Weil die Studentin bei der Prüfung kein Italienisch-Wörterbuch verwenden durfte, hat sie bei der ETH-Beschwerdekommission Beschwerde eingereicht. Während die Beschwerdekommission die Beschwerde guthiess, hat das Bundesverwaltungsgericht den Entscheid der ETH gestützt. Das Bundesgericht wiederum hat den Beschluss der Beschwerdekommission bestätigt, die Studentin ist also erneut zur Prüfung zuzulassen.

Wörterbuch trägt zur Chancengleichheit bei

Das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot besagt, dass Ungleichheiten Rechnung zu tragen ist. Die ETH muss allen Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit geben, «einen ihren tatsächlichen Fähigkeiten entsprechenden Leistungsausweis abzulegen». Die ETH ist an die Grundrechte gebunden und muss zu deren Verwirklichung beitragen. Da die Prüfung nicht bezweckte, die Fähigkeiten in deutscher Sprache abzufragen, muss die ETH die Nutzung eines Wörterbuchs erlauben. Dies in jedem Fall betreffend einer italienischsprechenden Studentin, da es für diese in der Schweiz nur ein begrenztes Studienangebot gibt und die Verfassung «den vier Landessprachen ein grosses Gewicht» zumisst.

Da die Studentin die Prüfung möglicherweise bestanden hätte, hätte sie das Wörterbuch brauchen dürfen, bestätigt das Bundesgericht den Entscheid der Rekurskommission und die Studentin ist erneut zur Prüfung zuzulassen.