Gesamtarbeitsverträge

Rechtsweg der Vertragsparteien

Wie können die GAV-Vertragsparteien gegen GAV-Verletzungen vorgehen?

Bei einem Firmen-GAV können die Gewerkschaft und die Arbeitgeberin direkt gegen ihre Vertragspartnerin vorgehen. Grundsätzlich können sie beim Zivilgericht eine Klage gegen die andere Partei wegen Vertragsverletzung erheben. Meist vereinbaren die Parteien im GAV jedoch ein Schiedsgericht für die Beilegung von Streitigkeiten. Enthält der GAV also eine entsprechende Schiedsklausel, kann die Gewerkschaft die Arbeitgeberin nicht vor Zivilgericht einklagen, sondern muss sich ans Schiedsgericht wenden. 

Dasselbe gilt natürlich auch für die Arbeitgeberin, wenn sich die Gewerkschaft nicht an den GAV hält und sie diese einklagen will. Praktisches Problem: In den allermeisten Fällen verletzt die Arbeitgeberin die normativen GAV-Bestimmungen (siehe oben), zum Beispiel in dem sie den Mindestlohn oder die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter nicht einhält. In diesen Fällen kann das Zivil- oder Schiedsgericht nur ein Feststellungsurteil fällen. Es kann also in seinem Entscheid festhalten, dass die Arbeitgeberin den Mitarbeitern X und Y Fr. Z schuldet. Es kann die Arbeitgeberin aber nicht dazu verpflichten, die Beträge den Arbeitnehmern auszuzahlen. Wenn die Arbeitgeberin dies nach dem Feststellungsurteil nicht freiwillig macht, müssen die betroffenen Arbeitnehmer ihre Arbeitgeberin noch individuell beim Arbeitsgericht einklagen.

Bei einem Branchen-GAV sind die Vertragsparteien, also die Gewerkschaft und der Arbeitgeberverband, berechtigt, gemeinsam die Einhaltung des GAV zu kontrollieren und die fehlbaren Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmer zu sanktionieren. Dazu gründen sie eine sogenannte paritätische Kommission. Diese heisst paritätisch, weil sie zu gleichen Teilen aus Vertretern der Gewerkschaft für die Arbeitnehmerseite und Vertretern des Arbeitgeberverbandes für die Arbeitgeberseite zusammengesetzt ist. Die paritätische Kommission bestimmt, welche dem GAV unterstellten Arbeitgeberinnen sie kontrolliert und welche Sanktion sie bei der Feststellung von Verletzungen ausspricht. Weigert sich die betroffene Firma, die Sanktion zu bezahlen, kann die paritätische Kommission sie beim Zivilgericht einklagen.

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